Viele Frauen kennen die Wechseljahre vor allem durch Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen. Aber wusstest du, dass sich in dieser Zeit auch in deinem Darm richtig viel verändert? Und dass diese Veränderungen wiederum deine Hormone beeinflussen können? Die geheimnisvolle Schaltstelle dafür heißt Östrobolom.
Was ist das Östrobolom?
Unser Mikrobiom – also die Milliarden von Bakterien in unserem Darm – können wir uns wie eine riesige Wohngemeinschaft vorstellen. Manche kümmern sich ums Aufräumen, andere um die Energieversorgung, wieder andere um die Kommunikation mit deinem Immunsystem. Das Östrobolom ist sozusagen die „Hormon-Abteilung“ dieser WG. Es besteht aus den Bakterien, die in der Lage sind, Östrogene wieder zu aktivieren, die der Körper eigentlich schon ausscheiden wollte. Mit Hilfe eines speziellen Enzyms (β-Glucuronidase) können sie das Hormon zurück in den Blutkreislauf schleusen. So bleibt mehr Östrogen aktiv – und das macht sich bei Stimmung, Knochengesundheit und sogar im Stoffwechsel bemerkbar.
Was passiert mit dem Östrobolom in Peri- und Postmenopause?
Wenn die Eierstöcke weniger Östrogen produzieren, kann es schnell zu einer Art Dominoeffekt führen: Die Vielfalt im Darm nimmt ab.
Das Mikrobiom wird ärmer an Arten. Andere Bakterien übernehmen das Ruder. Einige, die eher mit Entzündungen und Gewichtszunahme verbunden sind, können in dieser Phase besonders leicht zunehmen. Die Balance kippt. Weniger nützliche Bakterien bedeuten weniger Unterstützung für die weibliche Hormonregulation.
Das Ergebnis?
Nicht nur verstärkt klassische Wechseljahres-Symptome, sondern auch:
- mehr Bauchfett
- ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- schnellerer Knochenabbau
- Stimmungsschwankungen
Östrogen ist eine Art Schutzschild für die Darmschleimhaut. Fällt es weg, kann die Darmbarriere durchlässiger werden („Leaky Gut“). Dadurch gelangen Stoffe ins Blut, die dort nichts verloren haben, und das Immunsystem reagiert mit (stillen) Entzündungen. Außerdem beeinflusst der Darm über Botenstoffe wie Serotonin unsere Stimmung.
Ein gestörtes Mikrobiom kann also Ängste, depressive Verstimmungen oder Nervosität verstärken – etwas, das viele Frauen in dieser Lebensphase spüren.
Frag nicht, was dein Östrobolom für Dich tun kann, sondern was Du für dein Östrobolom tun kannst.
Die gute Nachricht: Wir sind diesen Prozessen nicht hilflos ausgeliefert. Ernährung und Lebensstil können viel bewirken.
1. Ballaststoffe als Superfood: Ballaststoffe sind das Lieblingsessen deiner guten Darmbakterien. Hülsenfrüchte, Gemüse, Leinsamen und Vollkornprodukte liefern ihnen Futter und sorgen dafür, dass sie kurzkettige Fettsäuren produzieren – wahre Schutzstoffe für die Darmschleimhaut.
2. Pro- und Präbiotika Probiotika (z. B. bestimmte Joghurtkulturen oder Präparate) bringen neue „gute“ Bakterien mit. Präbiotika wie Inulin oder resistente Stärke sind deren Lieblingssnacks. Zusammen wirken sie wie eine Renovierung deiner inneren WG.
3. Pflanzliche Östrogene nutzen Soja, Leinsamen oder Kichererbsen enthalten Phytoöstrogene. Sie können – mit Hilfe des Mikrobioms – die Wirkung von Östrogen teilweise nachahmen.
4. Bewegung – Regelmäßige Bewegung bringt nicht nur Kreislauf und Muskeln in Schwung, sondern verändert auch das Mikrobiom positiv. Schon Spazierengehen oder Radfahren macht einen Unterschied.
5. Vielfalt auf dem Teller Versuche, über die Woche hinweg 30 verschiedene Pflanzen zu essen – egal ob Gemüse, Obst, Kräuter oder Nüsse. Je bunter dein Speiseplan, desto vielfältiger deine Darmflora.
6. Hormonersatztherapie (HRT) – mit Bedacht. Für manche Frauen kann eine individuell abgestimmte HRT eine gute Lösung sein. Diese Entscheidung ist ganz individuell und gehört in fachärztliche Begleitung.
Quellen (Auswahl) Frontiers in Endocrinology (2025): The Estrobolome: Gut Microbiota and Estrogen Metabolism ASM Journals (2022): Gut Microbiome Changes in Menopause Nature (2024): Sex and menopause shape gut microbiome composition Science for Health (2023): Wechseljahre und Mikrobiom ZOE (2023): How the gut microbiome changes in menopause My Menopause Centre (2024): Gut Health and Menopause